Wann besteht ein Anspruch auf eine Abfindung?

„Wenn gar nichts mehr geht, kassiere ich eben eine Abfindung und suche das Weite.“ So oder so ähnlich wird häufig argumentiert, wenn Arbeitsverhältnisse in die Brüche gehen. Doch so weit verbreitet die Vorstellung auch ist, dass Arbeitgeber verpflichtet sind, eine Abfindung zu zahlen, so weniger wahr wird diese These durch das ständige Wiederholen.

Werfen wir also einen genaueren Blick auf das Thema Abfindung.

Inhalt:

Ein grundsätzlicher Anspruch auf eine Abfindung existiert nicht

Das deutsche Rechtssystem sieht keinen Anspruch auf Abfindungen vor. Dennoch gibt es Gründe, die für eine Abfindung sprechen bzw. aus denen sich ein Anspruch ergeben kann. Diese sind beispielsweise:

  • Abfindungen gemäß § 1a KSchG (Kündigungsschutzgesetz)
  • Abfindungen, die in einer Betriebsvereinbarung formuliert wurden
  • Abfindungen, die aufgrund eines Sozialplans und/oder eines Interessenausgleichs vereinbart werden
  • Abfindungen, die durch einen Gerichtsbeschluss entschieden werden
  • Abfindungen, die im Zuge eines Aufhebungsvertrags vereinbart werden

Sehen wir uns einmal drei Beispiele an, die in der Praxis häufig vorkommen.

Abfindung und Aufhebungsvertrag

Der Aufhebungsvertrag ist besonders für Arbeitgeber eine recht sichere Sache, weshalb sie sich gern für diesen entscheiden, wenn eine Weiterbeschäftigung nicht mehr möglich scheint.

Oft ist die erste Wahl für Arbeitgeber aber nicht der Aufhebungsvertrag, sondern die Kündigung. Doch die ist nicht ohne Risiko, denn selbst wenn sie gerechtfertigt ist, muss das nicht auch vor einem Arbeitsgericht erfolgreich sein. Womöglich wird die Kündigung also nach einem Richterspruch unwirksam. In diesem Fall muss der Arbeitgeber nicht nur den Arbeitnehmer weiterhin beschäftigen, er muss zudem das Gehalt rückwirkend auszahlen, auch dann, wenn der Arbeitnehmer gar nicht mehr gearbeitet hat. Außerdem kann sich ein Prozess vor einem Arbeitsgericht in die Länge ziehen, was das finanzielle Risiko um einen weiteren Faktor erhöht.

Um diese Wagnisse zu umgehen, entscheiden sich viele Arbeitgeber dafür, dem missliebigen Mitarbeiter einen Aufhebungsvertrag anzubieten. So umgehen sie einen juristischen Streit, dessen Ausgang ungewiss ist, und können sich auf der sicheren Seite wähnen.

Doch auch für Arbeitnehmer kann ein Aufhebungsvertrag vorteilhaft sein. Hängt erst einmal eine mögliche Kündigung im Raum, ist das Verhältnis zwischen Chef und Mitarbeiter meist sowieso angeschlagen bis zerrüttet, eine Weiterbeschäftigung wäre also auch nicht im Sinne des Angestellten.

Zu klären ist am Ende noch die Höhe der Abfindung. Diese beträgt in der Regel je Beschäftigungsjahr ein Bruttogehalt. Doch die Abfindungshöhe kann auch individuell verhandelt werden. Arbeitnehmer haben gute Chancen auf eine auskömmliche Abfindung, wenn die Wahrscheinlichkeit, vor einem Arbeitsgericht zu gewinnen, für den Arbeitgeber gering ist.

Letztlich sollte man sich aber grundsätzlich nicht sofort auf eine Abfindung einlassen, die der Arbeitgeber ausspricht. Zunächst sollte schriftlich betont werden, dass man weiterhin seinen Arbeitsplatz behalten möchte. Der Rest ist dann eine Sache des Verhandlungsgeschicks. Ein erfahrener Anwalt weiß, wie man Verhandlungen führt und kann für Arbeitnehmer ein gutes Ergebnis erzielen.

Zusammenfassung: Der Aufhebungsvertrag – verbunden mit der Zahlung einer Abfindung – wird von Arbeitgebern oft angeboten, um einen Rechtsstreit zu umgehen. Die Höhe der Abfindung kann verhandelt werden.

Abfindungen bei betriebsbedingter Kündigung

Durch eine betriebsbedingte Kündigung entgeht der Arbeitgeber nicht zwingend der Zahlung einer Abfindung. Dennoch müssen unterschiedliche Voraussetzungen vorliegen, damit diese fällig werden kann:

Das Kündigungsschutzgesetz ist anwendbarDas KSchG ist anwendbar, wenn der Arbeitnehmer seit mehr als sechs Monaten im Unternehmen tätig ist. Zudem muss es mindestens 10 Mitarbeiter in Vollzeit in der Firma geben. Bei Unternehmen, die weniger als 10 Vollzeit-Mitarbeiter haben, gibt es diese Variante der Abfindungsauszahlung nicht.
Die Kündigung erfolgt wegen dringlicher betrieblicher Notwendigkeiten

Der Begriff der „betrieblichen Erfordernisse“ klingt so vage, dass man ihn konkretisieren muss. Gemeint sind etwa spürbare Rückgänge bei der Auftragslage, die eine Weiterbeschäftigung unmöglich machen. Auch die grundsätzliche wirtschaftliche Situation  eines Betriebes kann ein Grund für eine betriebsbedingte Kündigung sein, ebenso wie Umstrukturierungen innerhalb der Firma.

Übrigens: Das Verhalten des Arbeitnehmers, das zu einer Kündigung führt, schließt die Möglichkeit einer Abfindung aus. Wenn ein Mitarbeiter beispielsweise wegen Beleidigung seines Vorgesetzten gekündigt wird, braucht er auf eine Abfindung nicht zu hoffen.

Die Abfindung wird als Klageersatz ausgezahltWie oben bereits behandelt wurde, entscheiden sich Arbeitgeber oft für die Auszahlung einer Kündigung, wenn sie einen Gerichtsprozess vermeiden wollen. Denn auch betriebliche Erfordernisse müssen vor Gericht nicht zwingend anerkannt werden.

Zusammenfassung: Die Chancen, im Falle einer betriebsbedingten Kündigung eine Abfindung zu erhalten, stehen nicht schlecht, wenn ein paar Grundbedingungen erfüllt sind.

Abfindung nach Kündigungsschutzprozess

Zuweilen landet der Krach zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber doch vor einem Arbeitsgericht. Ist das der Fall, kann das Gericht im Falle einer Abfindung auch deren Höhe festlegen. Diese bewegt sich meist im Bereich eines Viertels oder der Hälfte eines Monatsbruttoverdienstes.

Solche Richtersprüche sind aber eher selten der Fall, weil sich die Beteiligten meist auf einen Vergleich einigen.

Sozialabgaben, Arbeitslosengeld und Einkommensteuer

Ganz egal, ob es um die Abfindung oder andere finanzielle Einnahmen geht, immer steht die Frage im Raum, was am Ende davon übrigbleibt. Schauen wir uns die drei wichtigsten Bereiche dazu an.

Werden Sozialabgaben fällig?

Bei einer Abfindung handelt es sich eindeutig nicht um ein Arbeitseinkommen. Vielmehr spricht man hier zu Recht von einer Entschädigung. Und auf diese muss der Arbeitnehmer weder Renten- noch Kranken- noch Pflege- noch Arbeitslosenbeiträge zahlen.

Wie vertragen sich Abfindung und Arbeitslosenversicherung?

Auch hier gilt, dass die Abfindung sich nicht auf die Höhe des Arbeitslosengeldes auswirken darf. Das Geld wird also nicht auf die Sozialleistungen angerechnet.

Allerdings gibt es eine Ausnahme:

  • Wenn sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber darauf einigen, das Arbeitsverhältnis noch vor Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist zu beenden, wird kein Arbeitslosengeld ausgezahlt, bis das Ende der Kündigungsfrist erreicht ist

Wie wirkt sich die Abfindung auf die Einkommensteuer aus?

Da es sich – wie gerade erwähnt – bei einer Abfindung nicht um ein Arbeitseinkommen handelt, könnte man annehmen, dass es auch keine Auswirkungen auf die Einkommensteuer hat. Doch dem ist nicht so.

Durch die Abfindung kann es vorkommen, dass durch die zusätzliche Einnahme (auch wenn es sich faktisch um eine Entschädigung handelt) die nächste Stufe des Jahresbruttoverdienstes erreicht wird. Somit fällt man auch in einen höheren Steuersatz.

Nicht gänzlich, aber teilweise umgehen lässt sich diese Regelung durch die sogenannte Fünftelregelung. Die besagt, dass bei der Einkommensteuer so gerechnet wird, als habe man die Abfindung über einen Zeitraum von fünf Jahren ausgezahlt bekommen. Dadurch wird pro Jahr nur ein Fünftel der Abfindung einbezogen.

Wie gut stehen die Chancen, eine Abfindung zu erhalten?

Das lässt sich pauschal nicht sagen, aber wenn einige Punkte greifen, stehen die Chancen für eine Abfindung gar nicht schlecht, etwa wenn

  • die Kündigung unwirksam ist bzw. der Arbeitgeber befürchten muss, vor einem Arbeitsgericht zu scheitern
  • es einen hohen Bestandsschutz gibt, also eine lange Betriebszugehörigkeit vorliegt (was die Höhe der Abfindung ja erhöht)
  • ein Sonderkündigungsschutz vorliegt (zum Beispiel bei Schwangerschaft oder bei der Mitgliedschaft im Betriebsrat)
  • der Arbeitgeber den ausgeprägten Wunsch hat, das Arbeitsverhältnis zu beenden

Last but not least ist es natürlich auch eine Frage des Verhandlungsgeschicks, wie hoch die Abfindung ausfällt. Ob man sich der Situation gewachsen fühlt oder anwaltliche Hilfe in Anspruch nimmt, ist die individuelle Entscheidung, die jeder selbst treffen muss.

Zunächst aber gilt erst einmal, herauszufinden, ob überhaupt die Voraussetzungen für eine Abfindung gegeben sind. Bei dieser Frage ist ein Anwalt meist eine gute Idee, je nach Fall ist er sogar unverzichtbar.