Der Arbeitsvertrag: Bibel für Arbeitgeber und Arbeitnehmer
Kein Arbeitsverhältnis ohne Arbeitsvertrag. Diese Empfehlung sollten Sie sich unbedingt merken. Denn theoretisch können Sie zwar auch per „Handschlag“ den Vertrag mit Ihrem Chef abschließen. Doch wenn es einmal vor Gericht gehen sollte, haben Sie mit so einem „hanseatischen Vertrag“ kaum Chancen auf Erfolg.
Was in den Arbeitsvertrag gehört und was nicht, erfahren Sie in diesem Artikel.
Inhalt:
Der Zweck des Arbeitsvertrags
Grundsätzlich herrscht in Deutschland Vertragsfreiheit. Und das bedeutet, dass Arbeitnehmer und Arbeitgeber bei der Gestaltung von Arbeitsverträgen weitgehend frei sind. Das heißt aber im Umkehrschluss nicht etwa, dass man in den Vertrag hineinschreiben kann, wonach einem der Sinn steht. Denn im Zweifel muss ein Arbeitsvertrag auch vor Gericht bestehen.
Der Arbeitsvertrag im Behördendeutsch
Ein kleiner Ausflug in die Sprache von Behörden muss hier kurz sein. Bei einem Arbeitsvertrag handelt es sich um einen sogenannten schuldrechtlichen und gegenseitigen Austauschvertrag. Was nichts anderes bedeutet, als dass sich die beiden Vertragsseiten auf Rechte und Pflichten einigen. Der Arbeitnehmer verpflichtet sich also zu einer abhängigen Arbeit, der Arbeitgeber verpflichtet sich seinerseits zur Zahlung eines Gehalts (Vergütung).
Beim Arbeitsvertrag handelt es sich um eine besondere Form des Dienstvertrags, die wiederum den Vorgaben der §§ 611 bis 630 des BGB folgen muss. Er enthält daher Angaben zur Tätigkeit, zur Dauer der Beschäftigung (befristet oder unbefristet), über Kündigungsfristen und den Arbeitsort, an dem die Tätigkeit ausgeübt wird.
Was im Arbeitsvertrag geregelt wird
Bestimmte Dinge gehören in den Arbeitsvertrag, andere haben dort nichts zu suchen (dazu weiter unten mehr). Fangen wir damit an, was im Arbeitsvertrag enthalten sein muss.
Zunächst einmal stellt sich die Frage, wer mit wem einen Vertrag schließt. Das mag merkwürdig klingen, ist es aber gar nicht. Oft haben Firmen Tochterunternehmen, mit denen dann auch ein Arbeitsvertrag geschlossen wird. Im Falle einer Kündigung kann dann auch nur diese Tochterfirma das Kündigungsschreiben aufsetzen, weil sie ja Vertragspartner ist.
Denken Sie aber auch an die Sub-Unternehmer, die in einigen Branchen – zum Beispiel der Paketzustellung – häufig als Arbeitgeber fungieren. Ein Paketzusteller ist nicht in der komfortablen Lage, sich seinen Vertragspartner aussuchen zu können. Im Zweifel ist es aber wichtig, darüber Bescheid zu wissen, mit wem man es zu tun hat.
Weitere Bestandteile des Arbeitsvertrages sind diese:
Beginn des Arbeitsvertrages und mögliche Befristungen
„Sie können sofort anfangen!“ klingt für jeden Jobsuchenden natürlich erst einmal prima. Doch dieses „Sofort“ muss genau dokumentiert werden. Der Grund: Aus dem Beginn des Arbeitsverhältnisses ergeben sich weitere Dinge wie die Kündigungsfrist, der Urlaubsanspruch oder die Beiträge zur Sozialversicherung. Auch der später mögliche Bezug von Arbeitslosengeld hängt unter anderem vom Beginn des Arbeitsverhältnisses ab.
Bei befristeten Arbeitsverträgen muss der Arbeitgeber am Ende keine Kündigung aussprechen, der Vertrag endet zur vereinbarten Zeit.
Arbeitsinhalte, -zeit und Arbeitsort
Eine genaue Beschreibung der Aufgaben mag auf den ersten Blick sinnvoll klingen, ist aber nicht unbedingt angeraten. Denn je detaillierter die Aufgaben beschrieben werden, desto unflexibler lässt sich der Arbeitnehmer einsetzen. Das schadet im Zweifel beiden Seiten, also Arbeitgeber und Arbeitnehmer.
Bei kleineren Unternehmen reicht als Angabe zum Arbeitsort meist die Adresse im Briefkopf des Vertrages aus. Bei größeren Unternehmen ist dagegen unter Umständen der jeweilige Standort, also etwa die Zweigstelle, genau zu benennen.
Die Arbeitszeiten liegen in der Regel bei rund 40 Stunden die Woche, zumindest bei Vollzeitstellen. In der Realität lässt sich das jedoch nicht immer realisieren. Daher gibt es Ausnahmen, zum Beispiel für bestimmte Branchen oder beim Schichtdienst.
Überstunden sind heutzutage für die meisten Arbeitnehmer ebenfalls ein sehr vertrauter Begriff. Doch wenn sich dazu im Arbeitsvertrag keine Angaben finden, sind sie nicht zulässig.
Weitere Bestandteile des Arbeitsvertrags
Es gibt weitere Aspekte, die mit dem Arbeitsvertrag abgedeckt werden müssen:
Gehalt | Die Vergütung muss unbedingt im Arbeitsvertrag geregelt sein. Das gilt nicht nur für die Höhe oder mögliche Zuschläge, sondern auch für den Zeitpunkt der Auszahlung. |
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Probezeit und Urlaub | Als Probezeit hat sich im Laufe der Zeit eine Dauer von drei Monaten etabliert, bis zu sechs Monaten sind aber zulässig. Der Urlaubsanspruch kann individuell vereinbart werden, er richtet sich unter anderem nach der wöchentlichen Arbeitszeit. Für Arbeitnehmer, die eine Fünf-Tage-Woche haben, darf der Urlaub aber nicht weniger als 20 Tage pro Jahr betragen. |
Krankheit | Wenn ein Arbeitnehmer erkrankt, muss er das seinem Arbeitgeber sofort (also am ersten Tag) mitteilen. Eine Krankschreibung wird von vielen Firmen erst am dritten Tag der Arbeitsunfähigkeit erwartet. Allerdings wird oft auch die Bescheinigung vom Arzt bereits am ersten Tag verlangt. |
Nebentätigkeiten | Grundsätzlich sind Nebentätigkeiten zulässig, sie dürfen aber erstens wöchentliche 10 Stunden nicht überschreiten. Und sie dürfen zu keiner Interessen- und Pflichtkollision führen. Als Angestellter einer Versicherung ist die Versicherungsmaklerei auf Basis einer Nebentätigkeit beispielsweise nicht zulässig. Zur Sicherheit sollten Nebentätigkeiten immer vor ihrer Aufnahme schriftlich genehmigt werden. |
Verschwiegenheit | Verschwiegenheit ist ein Muss, grundsätzlich. Doch es gibt auch Grenzen. Wenn ein Arbeitnehmer innerhalb seiner Tätigkeit bestimmte Fähigkeiten erlangt, darf ihm nicht verboten werden, diese in einem späteren Arbeitsverhältnis anzuwenden. Vorsicht ist geboten, wenn Arbeitnehmer unterschreiben sollen, nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses für eine gewisse Zeit nicht bei der Konkurrenz der gleichen Branche arbeiten zu dürfen. |
Kündigung | Meist gilt auf der Seite des Arbeitgebers eine Kündigungsfrist von vier Wochen zum 15. des Folgemonats oder bis zum Monatsende. Je länger der Arbeitnehmer im Unternehmen arbeitet, desto länger ist die Kündigungsfrist (beginnend ab zwei Jahren Beschäftigung). Arbeitnehmer haben unabhängig von der Dauer der Beschäftigung immer eine Kündigungsfrist von vier Wochen, wenn sie sich entschließen, den Arbeitsvertrag zu kündigen. |
Was im Arbeitsvertrag nicht (komplett) geregelt werden darf
Nicht alles darf im Arbeitsvertrag festgeschrieben werden. Folgende Dinge gehören dazu:
- Kleidung: Generell ist der Arbeitnehmer frei in der Wahl seiner Kleidung, solange seine Arbeitsleistung darunter nicht leidet. Dennoch gibt es zahlreiche Ausnahmen. In vielen Unternehmen gibt es Arbeitskleidung, die vorgeschrieben ist (etwa bei Fastfood-Anbietern). Banken und Versicherungen erwarten von ihren Mitarbeitern zudem angemessene Kleidung (was in diesem Fall auf Anzug und Krawatte oder ein entsprechendes Kostüm bei Frauen hinausläuft). Unzulässig ist Kleidung, die die Sicherheit beeinträchtigt. Der Mitarbeiter, der eine Drehbank bedient, darf daher keine Ketten oder Piercings tragen.
- Arbeitsort: Hier gibt es oft Ängste bei Arbeitnehmern, die befürchten, dass sie einfach von Kiel nach Köln versetzt werden können. Doch so einfach ist das nicht. Der neue Arbeitsort muss maximal mit einer Fahrtzeit von 1,5 Stunden erreichbar sein. Steht über den Arbeitsort nichts im Arbeitsvertrag, kann der Arbeitnehmer davon ausgehen, dass er dort arbeitet, wo er ursprünglich eingestellt wurde. Eine Ausnahme ist allerdings eine Klausel im Vertrag. Wenn die Leistung „an jedem Ort des Unternehmens“ zu erbringen ist, hat der Arbeitnehmer im Falle einer Versetzung (auch über längere Distanzen) kaum eine Chance, dagegen etwas zu tun.
- Überstunden: Gewiefte Arbeitgeber (man könnte auch sagen: skrupellose Arbeitgeber) formulieren im Arbeitsvertrag Sätze wie diesen: „Sämtliche Überstunden sind mit dem Gehalt abgegolten.“ Das ist jedoch nicht zulässig. Auch die Aussage, ein Unternehmen habe die Überstunden gar nicht angeordnet, ist unzulässig. Wenn ein Unternehmen Überstunden duldet, muss es sie auch bezahlen. Statt einer Bezahlung ist aber auch ein Freizeitausgleich möglich.
Arbeitsverträge können weitere Punkte enthalten, die unter Umständen nicht rechtens oder zumindest fragwürdig sind. Im Zweifel ist der Besuch bei einem Rechtsanwalt die sicherste Lösung, wenn man unsicher ist, ob mit dem Arbeitsvertrag alles seine Richtigkeit hat.