Betriebsbedingte Kündigung:
„Bin ich schon raus?“
Sobald in einem Unternehmen die Formulierung der betriebsbedingten Kündigung die Runde macht, herrscht oft helle Aufregung. Hat man gegen dieses „Totschlagargument“ eine Chance? Kommt man womöglich gerade noch mal davon? Und wenn nicht: kann man sich wehren, und wenn ja, wie?
WAS IST EIGENTLICH UNTER EINER BETRIEBSBEDINGTEN KÜNDIGUNG ZU VERSTEHEN?
Die betriebsbedingte Kündigung kann nicht aus einer Laune oder dem Bauchgefühl eines Chefs ausgesprochen werden. Vielmehr muss sie begründet werden. Ein solcher Grund kann die Einstellung einer Produktlinie sein. Naturgemäß ist auch die Stilllegung eines Betriebes ein Grund für eine betriebsbedingte Kündigung. Und selbst massiv einbrechende Auftragszahlen können ein Argument für eine solche Kündigung sein.
Aber auch wenn eines der Motive vorliegt, muss dies begründet werden. Der Arbeitgeber muss beispielsweise bei einer zu kündigenden Stelle nachweisen, dass diese auch wirklich wegfällt. Denkbar ist die Kündigung eines Arbeitnehmers, der schon sehr lange im Betrieb ist, dessen Stelle dann aber 1:1 mit einem anderen Kollegen besetzt wird, der deutlich jünger und somit günstiger ist. Das ist nicht zulässig. Doch bevor in diesem Beispiel überhaupt über Kündigung gesprochen werden kann, muss der Arbeitgeber prüfen, ob der betroffene Kollege (das gilt natürlich auch für Kolleginnen) nicht alternativ an anderer Stelle im Unternehmen eingesetzt werden kann. Trifft das zu, ist die betriebsbedingte Kündigung ebenfalls unwirksam.
BEI DER BETRIEBSBEDINGTEN KÜNDIGUNG KOMMT ES AUF DIE BEGRÜNDUNG AN
Selbstverständlich hat jeder Unternehmer die Möglichkeit, frei darüber zu entscheiden, wie viele Mitarbeiter er beschäftigen möchte. Doch die Kündigung kann er nicht einfach so aussprechen. Auch bei einbrechenden Auftragszahlen ist eine betriebsbedingte Kündigung nicht ohne weiteres möglich, aber denkbar. Und sogar, wenn die Auftragslage nahezu unverändert ist, kann der Chef Kündigungen aussprechen. Allerdings darf es dann in der Folge bei den verbleibenden Mitarbeitern zu keinen Überstunden kommen, die mit der zuvor ausgesprochenen Kündigung im Zusammenhang stehen. Nimmt der Arbeitgeber dagegen längere Liefer- oder Produktionszeiten in Kauf, wird die Rechtmäßigkeit der betriebsbedingten Kündigung nicht berührt.
BETRIEBSBEDINGTE KÜNDIGUNG
Kundigung und die Sozialauswahl
Selbst wenn die Voraussetzungen für eine betriebsbedingte Kündigung erfüllt sind, führt der praktische Weg über eine Sozialauswahl. Diese Auswahl muss Aspekte wie Unterhaltspflichten, die Berücksichtigung der Betriebszugehörigkeit der betroffenen Kollegen, das Lebensalter und gegebenenfalls auch den Grad einer vorliegenden Behinderung mit einbeziehen. Gerade diese Sozialauswahl bereitet immer wieder Arbeitgebern Kopfschmerzen, denn wenn es nach ihnen ginge, würden sie verständlicherweise auf eine Kündigung ihrer Leistungsträger verzichten. Doch hier bietet das Gesetz einen nur sehr engen Rahmen, in der Regel müssen alle Mitarbeiter in die Sozialauswahl aufgenommen werden, am Ende wird dann dem gekündigt, der sozial am besten aufgestellt ist.KONSEQUENZEN FÜR DEN ARBEITNEHMER BEI DER BETRIEBSBEDINGTEN KÜNDIGUNG
Wenn die betriebsbedingte Kündigung vom Arbeitgeber gut und schlüssig begründet werden kann, haben es Arbeitnehmer schwer, meist müssen sie sich fügen. Allerdings ist das nicht immer der Fall. Liegen formell oder inhaltlich Fehler vor, kann der Arbeitnehmer die sogenannte Kündigungsschutzklage einreichen. Damit darf er aber nicht lange warten, denn spätestens drei Wochen nach Eingang der Kündigung muss die Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht vorliegen.
Stellt sich heraus, dass gegen die betriebsbedingte Kündigung seitens des Arbeitnehmers nichts unternommen werden kann, muss er sich bei der zuständigen Arbeitsagentur melden. Dies kann zwar zunächst online geschehen, muss aber mit einem persönlichen Besuch abgeschlossen werden. Und dieser sollte möglichst schnell erledigt werden, denn Leistungen werden ab dem Tag berechnet, an dem der Besuch bei der Arbeitsagentur erfolgt ist. Wer hier also zu lange wartet, muss auf Geld verzichten.
Um die Brisanz für den Arbeitnehmer noch einmal hervorzuheben, sei zum Schluss angemerkt, dass es sogar zu einer kompletten Leistungsstreichung kommen kann, wenn der Besuch bei der Arbeitsagentur zu lange aufgeschoben wird. Für einen Arbeitnehmer, dem gerade gekündigt wurde, wäre das der absolute „Worst Case“.