Rücksichtloses Überholen: Halb so wild?
Nötigung ist im Straßenverkehr wohl so häufig vertreten, wie Brötchen beim Bäcker. Es geht aggressiv zu auf Deutschlands Straßen, manche sprechen gar von „Terror“. Das mag nun wirklich übertrieben sein. Aber wer schon einmal einen licht-hupenden Raser dicht an seiner Stoßstange kleben hatte, wird das vermutlich anders sehen. Dennoch ist der Straftatbestand Nötigung nicht immer gegeben.
Links, rechts, links, rechts, aber mit Tempo!
Der Rentner Karl-Otto K. ist nicht als Raser bekannt. Im Gegenteil, Herr K. hat in seinem Leben viele stürmische Zeiten erlebt. Nun will er es – zumindest im Auto – ruhiger angehen. Als er das Opfer des Rasers hinter ihm wurde, fuhr Herr K. aber nicht zu langsam. Auf der Autobahn mit dem Tempolimit 120 km/h war er mit genau 124 Stundenkilometern unterwegs. Das passte dem Fahrer hinter ihm nicht, er versuchte zunächst, rechts zu überholen (was nicht gelang wegen anderer Fahrzeuge). Schließlich schoss er links an Karl-Otto K. vorbei, und zwar so, dass der sich genötigt fühlte.
Immer ruhig mit den Pferden und der Nötigung
Vor Gericht verlor Herr K. Der Richter sah den Straftatbestand der Nötigung nach § 240 StGB nicht als gegeben an. Denn der Fahrer hinter Herrn K. verfolgte mit seinem Überholen ist erster Linie ein schnelleres Vorankommen. Eine direkte Einwirkung auf Herr K. selbst konnte der Richter nicht feststellen.
Immerhin: der Fahrer des überholenden Wagens bat nach der Verhandlung Herrn K. um Entschuldigung. Er hatte einfach einen schlechten Tag gehabt. Der gelassene Herr K. nahm die Entschuldigung an.