„Ich bewerte meinen Chef im Netz!“ – Aber ist das erlaubt?
Keine Frage, wie leben nicht nur im Zeitalter der Digitalisierung. Wir leben darüber hinaus in einer Zeit der Bewertungen. Online-Shops werden bewertet, Urlaubsportale, Ärzte, Autohändler und und und. Warum also nicht einfach mal eine Bewertung über den eigenen Chef schreiben? Und sie danach gleich noch publikumswirksam ins Netz stellen? Eine gute Idee, oder vielleicht doch nicht? Und: ist das überhaupt erlaubt?
„Mit den Kollegen geht mein Chef zwar gut um, da gibt es nichts zu meckern. Aber wenn man mal eine Fortbildung besuchen will, redet er sich raus, windet sich wie ein nasser Fisch. Da ist auf jeden Fall noch Luft nach oben.“
Kein Chef dürfte etwas dagegen haben, wenn er eine Bewertung liest, in der er über den Klee gelobt wird. Doch wie mit Kritik umgehen? Ist es sinnvoll oder erfolgversprechend, wenn gegen die Bewertung vorgegangen wird? Zudem stellt sich oft ja auch die Frage, wer sie überhaupt geschrieben hat, das muss wahrlich nicht bekannt sein. Vielleicht hat ein Mitarbeiter unter einem Pseudonym geschrieben, oder er hat gleich eine Plattform gewählt, auf der er anonym schreiben kann.
Stellen wir uns einmal vor, der etwas weiter oben bewertete Chef ist mit der Kritik an seiner Praxis, Fortbildungen zu bewilligen (oder auch nicht zu bewilligen, wie es den Anschein macht), unzufrieden und will dagegen vorgehen. Grundsätzlich besteht diese Möglichkeit. Doch in diesem konkreten Beispiel wird er damit mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit scheitern. Wenngleich es ein Szenario gibt, bei dem der Arbeitnehmer doch den Kürzeren zieht. Dazu mehr am Ende des Textes.
Bewertungen sind grundsätzlich erlaubt
Sicher kann man – um bei unserem Beispiel zu bleiben – darüber streiten, ob der Vergleich mit dem nassen Fisch angemessen oder unhöflich ist. Das war es aber auch schon. Zwar darf ein Arbeitnehmer seinen Chef in einer Bewertung nicht beleidigen. Ob das hier allerdings gegeben ist, darf bezweifelt werden, dafür dürfte der „Fisch-Vergleich“ wohl nicht ausreichen.
Anders sieht die Sache aus, wenn der Arbeitnehmer etwas schreibt, das gegen die Treuepflicht verstößt, die im Arbeitsvertrag geregelt wird. Tabu sind darüber hinaus betriebsinterne Vorgänge oder solche, die der Geheimhaltungspflicht unterliegen. Wer hier munter Interna in die weite Netzwelt hinausposaunt, wird Probleme bekommen, zumindest, wenn der Chef es erfährt und Maßnahmen dagegen einleitet.
Wenn es hart auf hart kommt, wird‘s ungemütlich
Sollte sich herausstellen, dass der Arbeitnehmer mit seiner Bewertung einen Straftatbestand erfüllt, muss er mit Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft rechnen. Der Arbeitgeber kann Strafanzeige gegen unbekannt stellen, in der Folge werden die Behörden aktiv. Da kann dann auch eine anonyme Bewertung nicht viel helfen, denn die Ermittler werden wahrscheinlich herausfinden, wer der Verfasser der Bewertung ist.
In der Folge steht eine Abmahnung durch den Arbeitgeber im Raum. Je nach Schwere des Falles kann aber auch eine Kündigung drohen. Und wenn es ganz übel wird, das Unternehmen also etwa einen wirtschaftlichen Schaden erlitten hat, muss der Arbeitnehmer sogar mit Schadenersatzansprüchen rechnen.
Nochmals zurück zum „nassen Fisch“
Ganz auf der sicheren Seite ist unser Beispiel-Arbeitnehmer übrigens nicht. Zumindest dann nicht, wenn der Chef behauptet (und beweisen kann), dass er durchaus kulant ist, was die Bewilligung von Fortbildungen betrifft. In diesem Fall steht nämlich der Vorwurf im Raum, dass in der Bewertung die Unwahrheit steht. Und – wir erinnern uns – in einer Bewertung dürfen keine Lügen über den Chef stehen.
Alles in allem kann man zusammenfassend sagen, dass Bewertungen im Netz zwar ganz klar erlaubt sind. Sie sollten dennoch mit Bedacht formuliert werden. Und letztlich sollen sie ja auch ihren Zweck erfüllen. Und der liegt in der Regel darin, dass sich potenzielle Bewerber ein Bild vom Unternehmen machen können, in dem sie vielleicht einmal arbeiten wollen. Da helfen „Märchenstunden“ nicht weiter.