Schaden durch Kind auf Tretauto auf der Straße: Wer haftet?
Jeder stand wohl schon einmal einem Schild gegenüber, auf dem drohend verkündet wurde: „Betreten des Grundstücks verboten. Eltern haften für ihre Kinder“. Verantwortungsvolle Eltern brauche ein solches Schild nicht, sie passen schon auf, dass Ihre Kleinen keinen Unsinn anstellen. Doch natürlich kann niemand den Nachwuchs 24 Stunden am Tag im Auge haben, es sei denn, wir sprechen von einem Säugling. Werden Kinder älter, sind sie aber auch schon mal unbeaufsichtigt unterwegs. Und was passiert, wenn etwas passiert? Haften Eltern wirklich immer?
Grundsätzliches zur Haftung
Im Allgemeinen ist es so, dass Eltern tatsächlich für ihre Kinder haften, wenn sie ihre Aufsichtspflicht verletzt haben. Doch in Stein meißeln sollten Sie diese Erkenntnis besser nicht, weil es Ausnahmen gibt. Zu einen ist immer im Einzelfall zu prüfen, unter welchen Voraussetzungen Eltern Ihre Aufsichtspflicht verletzten. Dies hängt nämlich unter anderem vom Alter und der konkreten Situation ab. Zum anderen gilt die Haftung nur für Kinder, die nicht mehr jünger als sieben Jahre alt sind. Konkret: Haben Eltern ihre Aufsichtspflicht nicht verletzt und ist das Kind, das einen Schaden angerichtet hat, unter sieben Jahre, bleibt der Geschädigte auf den Kosten sitzen.
Unterwegs mit dem Tretauto
Folgende Situation musste durch ein Gericht beurteilt werden: Eine Frau sah beim Tanken, wie ein Kind (etwas älter als sechs Jahre) über das Gelände mit einem Tretauto fuhr. Als die Frau die Tankstelle verlassen wollte, kollidierte sie mit dem Kind, das inzwischen auf der Straße fuhr. Die Frau machte die Eltern für den Unfall verantwortlich und wollte den Schaden vollständig ersetzt haben. Schließlich hatten die Eltern ihre Aufsichtspflicht verletzt, der entstandene Schaden müsste also ersetzt werden. Dachte die Frau zumindest. Doch die Sache ging ein wenig anders aus.
Das Urteil
Letztlich verteilte das Gericht die Erstattung des Schadens hälftig, die Autofahrerin erhielt also keine volle Erstattung.
Das Gericht begründete sein Urteil mit der Annahme, dass zwar Eltern grundsätzlich für die Aufsicht ihre Kinder zuständig sind (was kaum überraschen kann). Es wies aber auch darauf hin, dass immer der Einzelfall geprüft werden müssen. Die Eltern des Kindes hatten angegeben, dass sie intensive Übungen mit ihrem Nachwuchs gemacht hätten, sodass das Kind in ausreichendem Maße über das richtige Verhalten im Straßenverkehr informiert war. Zusätzlich hätten sie sich davon überzeugt, dass das Kind die Verhaltensregeln auch verstanden habe. Zudem gehe der Nachwuchs auch allein zum Schulbus, was aus Sicht der Eltern ein weiterer Beleg für deren richtiges Verhalten war.
Die Begründung
Zu hälftigen Aufteilung der Kosten für den Schaden kam das Gericht, weil eine allgemeine Verkehrserziehung durch die Eltern diese nicht davon befreie, jede konkrete Situation neu auf ihre Gefahrenlage zu überprüfen. Insbesondere die Tatsache, dass das Kind auf einer Tankstelle und am öffentlichen Verkehr unterwegs war, sprach für die Richter für eine Verletzung der Aufsichtspflicht.
Dass die Frau einen Teil des Schadens tragen musste, hing damit zusammen, dass sie erstens von einer grundlegenden Betriebsgefahr durch das Autofahren ausgehen muss. Und dass sie zweitens das Kind bereits auf der Tankstelle gesehen hatte.
Wir erinnern uns: Hätten sich die Eltern keine Verletzung der Aufsichtspflicht vorwerfen lassen müssen, wäre die Autofahrerin auf dem Schaden komplett sitzengeblieben.